Zum Hauptinhalt springen

Redaktionelle Änderung der MB/KT 2009 – hier: Maßnahmen der beruflichen Wiedereingliederung

Der Verband hat mit Rundschreiben vom 14. Mai 2024 klargestellt, dass ein Anspruch auf ein anteiliges Krankentagegeld bei stufenweiser Wiedereingliederung von Arbeitsunfähigen in das Erwerbsleben bestehe, sofern der Tarif oder die Tarifbedingungen dies vorsehen.
§ 1 Abs. 3 MB/KT solle entsprechend ergänzt werden.
Da die MB/KT die Leistung unter den Vorbehalt einer tariflichen Regelung stellen, greift diese Ergänzung nicht in den materiellen Versicherungsschutz ein und kann mithin als redaktionell gewertet werden. Als Treuhänder nehmen wir dies zur Kenntnis.

Wenn die Tarifbedingungen keine Regelung über die Wiedereingliederung vorsehen, stellt sich die Frage, ob eine solche bestandswirksam in die Bedingungen aufgenommen werden darf.

Für gesetzlich Versicherte ist die stufenweise Wiedereingliederung in
§ 74 SGB V geregelt.
Bereits seit dem Jahr 2004 sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, länger oder wiederholt erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) in Form einer stufenweisen Wiedereingliederung anzubieten, um die Arbeitsunfähigkeit möglichst schnell zu überwinden und das Beschäftigungsverhältnis zu erhalten. Gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte beziehen währenddessen Krankengeld oder Übergangsgeld.
Der Umstand, dass gesetzlich Versicherte diese Leistungen beanspruchen können und Privatversicherte oftmals die Erwartungshaltung haben, bei den Leistungen wenigstens den GKV- Versicherten gleichgestellt zu sein, reicht per se für eine AVB- Änderung nicht aus, vgl. BGH VersR 2009,623 Rn. 16 mwN.

Es stellt sich mithin die Frage, ob die Voraussetzungen des § 203 Abs. 3 VVG gegeben sind.
Hierfür wäre zunächst eine „nicht nur als vorübergehend anzusehende Veränderung der Verhältnisse im Gesundheitswesen“ notwendig.

Liegt diese vor? Welche Argumente könnten dafür, welche dagegen
sprechen?

Fehlt es an schlüssigen Argumenten für das Vorliegen dieser Voraussetzung, sind die Voraussetzungen des § 208 VVG zu prüfen.
§ 208 VVG erlaubt von der Vorschrift des § 203 Abs. 3 VVG abzuweichen, wenn dies nicht zum Nachteil der Versicherungsnehmer geschieht.
Die Aufnahme der stufenweisen Wiedereingliederung in die AVB müsste folglich für die Versicherungsnehmer ausschließlich vorteilhaft sein.

Denkbar wären zwei Varianten:
Einmal könnte die Aufnahme in die AVB den Effekt haben, dass mehr Versicherte auf die Leistung bei Wiedereingliederung aufmerksam werden und diese dann auch in Anspruch nehmen.
Dies würde in den Fällen, in denen diese Versicherten ansonsten die 100%- ige KT-Leistung bezögen, unstreitig zu Leistungsreduktionen führen.

Wenn das Unternehmen allerdings streng die bestehenden Bedingungen anwenden sollte, kämen Versicherte in den Genuss von Leistungen, die sie mangels völliger Arbeitsunfähigkeit ansonsten nicht beanspruchen könnten. Dies führte zu einer Steigerung der Leistungsausgaben.